Selbstverdichtender Beton (SVB)
Selbstverdichtender Beton - extrem Fließfähig
Selbstverdichtender Beton (SVB) erreicht seine selbstverdichtende Eigenschaft durch seine extrem hohe Fließfähigkeit. Diese ermöglicht, dass der Frischbeton entmischungsfrei durch die Schalung fließt und sich dabei selbständig entlüftet und somit verdichtet. Wegen der speziellen Zusammensetzung solcher Betone sowie des sehr hohen Konsistenzmaßes fällt SVB aus dem Anwendungsbereich der DIN EN 206-1 und der DIN 1045-2 heraus. Aus diesem Grund wurde als Ergänzung bzw. Änderung dieser Normen die DAfStB-SVB-Richtlinie »Selbstverdichtender Beton« eingeführt, in der die Herstellung, die Anwendung und die Qualitätssicherung von SVB geregelt ist.

Anwendung von selbstverdichtendem Beton
Der Einsatz von selbstverdichtendem Beton ist grundsätzlich in allen Bereichen des klassischen Betonbaus denkbar. Der erhöhte Aufwand bei der Produktion und der Qualitätssicherung beschränken den Einsatz bis dato jedoch hauptsächlich auf Spezialanwendungen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Herstellung von exponierten Sichtbetonflächen mit komplexen Geometrien und hohen Bewehrungsgraden (sog. Architekturbeton). Die Materialeigenschaften von SVB ermöglichen die Herstellung exzellenter Sichtbetonflächen. Diese meist sehr filigranen Bauteile sind in der geforderten Sichtbetonqualität häufig nur mit SVB herstellbar.
Daneben kommt selbstverdichtender Beton als Ortbeton vermehrt zum Einsatz, wenn das Betonieren mit konventionellen Betonen – meist aus Gründen mangelnder Zugänglichkeit bzw. Verarbeitungsmöglichkeit auf der Baustelle – nicht oder nur unter großem Aufwand möglich ist.
Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet ist die Herstellung von Betonfertigteilen. Hohe Sichtbetonqualitäten sowie die idealen Einbaubedingungen bei der Betonfertigteil-Produktion sind dafür entscheidend, dass SVB gerade in diesem Bereich eine immer zunehmende Anwendung findet.
Herstellung von SVB im Transportbetonwerk
Für den erfolgreichen Einbau von SVB ist die zielsichere Herstellung im Transportbetonwerk von entscheidender Bedeutung. Neben der kontinuierlichen Überwachung der Ausgangsstoffe sind weitere Maßnahmen zur Qualitätssicherung notwendig. Aufgrund der erheblichen Sensibilität des SVB gegenüber Wassergehaltsschwankungen ist eine kontinuierliche Erfassung der Feuchten der Gesteinskörnung während der Produktion unabdingbar.
Dies kann durch Feuchtemesssonden geschehen. Der planmäßig niedrige Wassergehalt sowie die Tatsache, dass sich die volle Wirkung des PCE-Betonverflüssigers erst nach einer gewissen Zeit einstellt, führt zu deutlich erhöhten Mischzeiten.
Frischbetonprüfungen nach DAfStb-Richtlinie »Selbstverdichtender Beton«
Die Anforderungen an die Frischbetoneigenschaften eines SVB sind vielfältig. Deshalb ist der Umfang der Frischbetonprüfungen umfangreicher als der konventioneller Betone. Wird die Konsistenz konventioneller Betone durch ein Ausbreitmaß bzw. Verdichtungsmaß gemessen, reicht diese Messmethode beim SVB nicht mehr aus. Eine adäquate Charakterisierung der Konsistenz von SVB erfordert die Erfassung der maßgebenden rheologischen Parameter – Fließgrenze und Viskosität.
Während die Fließgrenze durch das sogenannte Setzfließmaß abgeschätzt wird, wird die Viskosität mit Hilfe der Fließzeit (entweder relative Trichterauslaufzeit oder Fließzeit t500) ermittelt. In der Praxis ist die Fließzeit t500 praktikabler, da sie parallel zur Prüfung des Setzfließmaßes ermittelt werden kann. Dabei wird die Zeit gemessen, welche der Beton nach dem Ziehen des Setztrichters benötigt, um auf einen Durchmesser von 500 mm zu fließen. Der Blockier- oder J-Ring wird zur Beurteilung der Blockierneigung von SVB verwendet.
Zielwerte
Die in der Erstprüfung ermittelten Zielwerte und zulässigen Toleranzen der Konsistenz werden durch Angabe eines Verarbeitbarkeitsbereiches dargestellt, welcher maßgebend für die Annahmeprüfung auf der Baustelle ist. Zu beachten ist dabei die Außen- und Frischbetontemperatur, da diese erheblichen Einfluss auf die Betoneigenschaften hat. Für unterschiedliche Temperaturen werden in der Regel unterschiedliche Verarbeitbarkeitsbereiche definiert
Verarbeitung auf der Baustelle
Zum Sicherstellen eines qualitätsgerechten Einbaus sollte ein Betonierkonzept vorhanden sein. Weiterhin ist ein Prüfplan für die erforderlichen Abnahmeprüfungen sinnvoll. Die notwendigen Abnahmeprüfungen sind in der DAfStB-Richtlinie »Selbstverdichtender Beton« beschrieben. In der Regel werden auf der Baustelle von jedem Transportfahrzeug Annahmeprüfungen durchgeführt. Dabei werden das Setzfließmaß mit oder ohne Blockierung und die Trichterauslaufzeit zur Beurteilung der Funktionsfähigkeit des SVB angewendet.
Je nach Verwendung des SVB sind einige Besonderheiten zu beachten. Beim Betonieren von vertikalen Bauteilen ist – ohne vorherige Prüfung – von hydrostatischem Schalungsdruck auszugehen. Generell sollte die Forderung nach einem kontinuierlichen und zügigen Betoneinbau gestellt werden. Bei längerer Ruhezeit des Frischbetons bzw. Betonierpausen kann es wegen des thixotropischen Verhaltens von SVB zur sogenannten Elefantenhautbildung kommen. Diese kann sich später auf der Betonfläche zeigen oder bei starker Ausprägung sogar zum Verlust des Verbundes führen.
In diesem Zusammenhang muss auch beachtet werden, dass die Entlüftung von SVB ausschließlich während des Fließvorganges stattfindet. Daher muss grundsätzlich eine ausreichende Fließstrecke zur Verfügung stehen. Dies bedeutet ebenso, dass möglichst wenig Einfüllstellen vorgesehen werden sollten. Im Bereich der Einfüllstellen ist es vorteilhaft, den Beton zusätzlich durch Stochern zu entlüften, da es dort vermehrt zu Lufteinschlüssen kommen kann.
Ein Rütteln darf in gar keinem Fall geschehen, da die Viskosität des Frischbetons mit zunehmender Schergeschwindigkeit sinkt, was letztendlich zur Entmischung des SVB führen kann.